JOHANNA KINKEL
1810 - 1858
Die Komponistin, Pianistin,
Chorleiterin, Dichterin, Journalistin, Schriftstellerin, Musikerzieherin
und Historikerin Johanna Kinkel, geb. Mockel, wurde am 8. Juli 1810
in Bonn geboren. Ihr Vater, der am französischen Gymnasium in Bonn unterrichtete,
förderte die musikalischen Gaben Johannas und ließ sie bei Franz Anton
Ries (1755-1846), der schon dem jungen Beethoven Geigenstunden gegeben
hatte, Klavier- und Kompositionsunterricht nehmen. Mit Ries’ Unterstützung
begann Johanna am Ende ihrer Schulzeit eine Karriere als Klavierpädagogin,
Begleiterin und Chorleiterin. Ries ermunterte sie auch, die 1830 veröffentlichte
Vogelkantate zu komponieren.
1832 heiratete Johanna
den Kölner Musikalienhändler Johann Paul Mathieux; doch sie verliess
die unglückliche Beziehung bereits nach wenigen Monaten. Die Scheidungsformalitäten
erstreckten sich über Jahre. Nach langer Zeit lähmender Depression konnte
die Künstlerin ihre musikalische Karriere wieder aufnehmen. Dorothea
Schlegel arrangierte 1836 eine Begegnung Johannas mit Felix Mendelssohn.
Auf seinen sehr ermutigenden Rat hin, zog sie nach Berlin und studierte
dort bei Karl Böhmer und Wilhelm Taubert. Ihren Aufenthalt finanzierte
sie durch private Klavierstunden. Zu ihren Schülern gehörten auch die
Töchter von Bettina von Arnim. Sie frequentierte deren erlesenen literarischen
Zirkel und musizierte in Fanny Hensels Sonntagskonzerten. Die berühmtesten
Häuser und Salons standen ihr offen. In diesen sehr anregenden Jahren
veröffentlichte sie die Lieder Op. 6-12, die unter anderem vom bedeutenden
Kritiker Ludwig Rellstab und von Robert Schumann mit Begeisterung aufgenommen
wurden.
Wegen der ungelösten Scheidung
kehrte die junge Frau 1839 ins provinzielle Bonn zurück, wo sie eine
Morgenkonzertreihe organisierte und einen populären Gesangverein gründete.
Es war einer der ersten von einer Frau geleiteten Gesangvereine in Deutschland.
Sie war eine der wichtigen Persönlichkeiten in der Aufführung von Werken
Mendelssohns und Chopins und ihr Wirken wurde der „Brennpunkt"
im künstlerischen Leben Bonns genannt. Marschner, Spohr und Liszt gehörten
zu ihrem Publikum.
1842 heiratete die inzwischen
geschiedene Katholikin Johanna den protestantischen Theologen, Dichter
und Lehrbeauftragten der Universität Gottfried Kinkel. Mit ihm zusammen
koordinierte sie die Projekte einer literarischen Gruppe, den Maikäferbund.
1848, dem Jahr revolutionären Aufruhrs in Deutschland, lösten sich ihre
literarischen und musikalischen Zirkel auf. Gottfried Kinkel wurde von
den Demokraten designiert, Bonn in der Nationalversammlung in Berlin
zu vertreten. 1849 wurde er in Baden verhaftet und wegen seiner politischen
Aktivitäten zum Tode verurteilt. Johanna Kinkel erreichte durch die
Unterstützung von Bettina von Arnim und anderen, dass die Strafe in
lebenslange Haft umgewandelt wurde. Karl Schurz organisierte Gottfried
Kinkels Flucht aus Spandau und half ihm, in London Exil zu finden.
Johanna Kinkel zog 1851
mit ihren vier Kindern nach. Sie unterstützte das politische Engagement
ihres Mannes im Exil ohne Vorbehalt und die Kinkels wurden bald zum
Mittelpunkt der expatriierten deutschen Gemeinde. Zur Bestreitung ihres
Lebensunterhalts gab Johanna Kinkel, deren Englisch ausgezeichnet war,
Klavierstunden und Gesangsunterricht für Kinder. Sie leitete wieder
einen Chor und komponierte, schrieb Libretti, Gedichte, Bücher über
Musikerziehung und einen zweibändigen Roman. Aus dieser Zeit stammen
die nach ihrem Tode veröffentlichten Artikel über Frédéric Chopin als
Komponist und über das Werk Felix Mendelssohns.
Es war auch eine Zeit
des Kummers und der Verzweiflung, überschattet von der erdrückenden
Last der Mutter- und Hausfrauenpflichten. Johanna Kinkel war gezwungen,
das Geld zu verdienen, während Gottfried Kinkel seinen politischen Aktivitäten
nachging und sie wahrscheinlich überdies noch betrog.
Am 15. November 1858 wurde
die Leiche Johanna Kinkels im Garten ihres Hauses gefunden. Sie war
aus dem Fenster ihres Schlafzimmers im dritten Stockwerk gestürzt; die
Umstände deuten auf einen Selbstmord hin.
Das kompositorische Werk
Johanna Kinkels umfasst etwa einhundert Lieder, Duette, Quartette, Chormusik
und Bühnenmusik. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass sie von den beiden
großen Meistern des Lieds im 19. Jahrhundert, von Schubert und Schumann,
beeinflusst worden ist. Ihre Lieder, oft in Strophen und auf eigene
Texte komponiert, sind eingängig und von starkem Gefühlsausdruck. Manche
haben volksliedhaften Charakter (Wiegenlied, Provençalisches Lied),
oder zeugen von subtilem Humor (die Mandoline,) andere (Du nahst!, Trennung)
spiegeln eine tief empfundene Lebenserfahrung voller Sehnsucht und Schmerz
wider.
Johanna Kinkel
wurde in Deutschland nicht vergessen. Unter Intellektuellen ist sie
als exzentrische Revolutionärin und als Künstlerin mit breitem musikalischen
Hintergrund in Erinnerung geblieben. Auf ihrem Grabstein steht eingemeißelt:
Freiheit, Liebe und Dichtung.
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